Macht Cannabis Dich Kreativer?
Bob Marley, Jay-Z und Lady Gaga haben alle Cannabis zugeschrieben, dass es ihre Kreativität fördert. Besteht für Otto Normalverbraucher durch das Rauchen von Cannabis eine Chance auf einen großen Durchbruch?
Es scheint, als wäre ein garantiertes Nebenprodukt des Konsums von psychoaktiven Drogen eine Steigerung der Kreativität. Auf einmal sehen vorher eher durchschnittlich weltliche Menschen Dinge, von denen sie zuvor nur geträumt hatten und fühlen sich extrem motiviert, etwas zu erschaffen. Bei unserem geliebten Kraut ist das nicht anders, denn viele einflussreiche Menschen geben an, dass sie nach dem Konsum von Cannabis ähnliche Erfahrungen gemacht und dadurch einige ihrer besten Werke erschaffen haben. Ist dies nur eine Begleiterscheinung der Popkultur? Bei genauerer Betrachtung wird deutlich, dass die Meinungen von Konsumenten und der Wissenschaft an diesem Punkt stark auseinandergehen, wobei die Wissenschaft in einer Studie aus 2014 zusammenfasst, dass THC keine kreativitätssteigernden Wirkungen hat.
Ist dies ein Fall von Placebo-Effekt und überbordende Verallgemeinerung, unterstützt durch den Wunsch der Menschen ein Teil der kreativen Kunst zu sein? Cannabis als ein Mittel zur "Verbesserung" der geistigen Fähigkeiten anzusehen, würde diesen Bereich für manche sicherlich erschließen, die es nicht für möglich gehalten hätten. Lass uns damit beginnen uns anzuschauen, was Konsumenten berichten, wenn es darum geht, wie hilfreich der Konsum von Cannabis bei kreativen Ausflügen ist.
Was die Konsumenten berichten
Zitate berühmter, kreativer Nutzer gibt es im Übermaß. Musiker, Autoren, Unternehmer und natürlich Philosophen loben Cannabis für den spürbaren Effekt auf die geistigen Fähigkeiten. Es ist also keine Überraschung, dass der Musiker Bob Marley einmal sagte:
"Musik und Cannabis gehören zusammen. Es ist jetzt schon eine lange Zeit, dass ich Ganja rauche. Seit ich 1960 mit dem Singen begann."
Etwas aktuellere Künstler, wie etwa Jay-Z:
"Ich habe etwas Gras geraucht und so habe ich Izzo fertig bekommen."
Wenn man den Erfolg dieser beiden Künstler bedenkt oder in Bob Marley's Fall gedenkt, dann liegt es nicht sehr fern, dies auch erleben zu wollen. Da die Berichte über Cannabis in diesem hohen Maße fast immer ähnlich ausfallen, ist es kein Wunder, dass die Menschen bei kreativen Talfahrten immer öfter zu dieser Substanz greifen. Dennoch muss man fairerweise sagen, dass die beiden oben genannten Künstler auch ohne den Konsum von Cannabis viele erfolgreiche Projekte veröffentlicht hätten; ist die Wirkung also eher davon abhängig, wie kreativ die Person von Natur aus schon ist?
Was die Wissenschaft berichtet
Eine Studie1 des Institutes für Psychologie der Universität Leiden hat 2014 ergeben, dass hohe Dosen von THC bei den Probanden negative Auswirkungen auf die Fähigkeit der Problemlösung hatten.
Innerhalb der Studie wurden 54 Cannabis Nutzer in 3 Gruppen aufgeteilt, von denen der ersten Gruppe 22mg THC, der zweiten 5,5mg THC und der dritten lediglich ein Placebo gegeben wurde. Die Kanditaten wussten nicht, welche Dosis sie durch den Verdampfer erhalten hatten. Die Aufgaben beinhalteten divergentes und konvergentes Denken. Divergentes Denken beinhaltet eine Vielzahl von Antwortmöglichkeiten zu bieten, wohingegen konvergentes Denken sich auf einige wenige Optionen beschränkte. In diesem Fall bestand der erste Test aus der Aufgabe "Denke Dir so viele Anwendungen wie möglich aus, wozu man einen Stift benutzen kann", während der zweite daraus bestand zu nennen, "Welche Verbindung es zwischen den Worten 'Time', 'Hair' und 'Stretching' gibt".
Auch wenn die Teilnehmer, die eine geringe Dosis oder das Placebo bekommen hatten, im Vergleich zu der Gruppe mit der hohen Dosis bessere Ergebnisse beim kreativen Denken erzielten, gab es keine Anzeichen einer erhöhten Kreativität in ihren Leistungen. An dieser Stelle widerlegt diese Studie jede Behauptung, dass der Konsum von Cannabis die Kreativität verbessert. Da allerdings so viele Nutzer, ob nun berühmt oder nicht, behaupten, dass Cannabis eine Verbesserung bewirkt, muss irgendwie mehr dahinter stecken ...
Der Mittelweg
Mit einem deutlichen "Ja" der Nutzer in Bezug auf den Kreativitätsschub durch Cannabiskonsum, ist die durchgeführte Studie nicht schlüssig genug, denn das entscheidende Puzzleteil fehlt. Um die verstärkende Wirkung von Marihuana auf die kreativen Fähigkeiten zu verstehen, muss man sich zu allererst damit auseinandersetzen, was im Gehirn vor sich geht, wenn wir kreativ sind. Beim Ausführen kreativer Aufgaben mit hohem geistigen Anspruch haben die Menschen mit einer hohen Kreativität eine höhere Grundaktivität des Frontallappens.
Der Frontallappen steigert die Kreativität auf zwei Arten; in erster Linie, da er als die Schaltzentrale für divergenten Denken fungiert, also der Fähigkeit, komplexe Probleme mit vielen Reaktionsmöglichkeiten zu lösen, salopp gesagt "unkonventionelles Denken". Zweitens beherbergt er auch den "Nucleus accumbens", eine Ansammlung von Neuronen, die eine wichtige Rolle beim Empfinden von Belohnung, Freude, Lachen, Sucht und bei Musikern, dem Rhythmus spielen.
Wie kann man nun also die Aktivität des Frontallappens mit der Wirkung von Cannabis in Verbindung bringen? Von Marihuana hat sich gezeigt, dass es die Aktivität des Frontallappens erhöht, indem es den Blutfluss in diesem Bereich und somit dessen Aktivität steigert. Beim kreativen Denken verbraucht der vordere Teil des Gehirns mehr Energie, was in diesem Fall bedeutet, dass über den erhöhten Blutfluss eine bessere Versorgung mit Glucose und Sauerstoff erfolgen kann, die das Gehirn benötigt. Wenn Cannabis diese zum Gehirn transportierte Menge an Blut steigert, würde es den Personen, die eine hohe Grundaktivität haben, ermöglichen die Kreativität zu steigern oder aufrecht zu erhalten, wohingegen andere Leistungen durch das Fehlen des Reizes des erhöhten Blutflusses abnehmen.
Zusammenfassung
Obwohl man die Recherchen und Ergebnisse, die in diesem Text angesprochen wurden, nicht ignorieren kann, so überwiegen doch die positiven Berichte der Nutzer, dass Cannabis ihre Kreativität steigert oder beim kreativen oder unkonventionellen Denken hilft. Wir alle kennen und lieben die Euphorie und den verwirrenden Einfluss auf unsere Sinne, den der Cannabiskonsum mit sich bringen kann. Möglicherweise sind wir nach dem Konsum einfach empfänglicher.
Da unsere Sinne benebelt sind, sehen wir die Welt weniger kritisch und somit auch ein Gemälde, Musikstück oder die Ideen, die uns durch den Sinn wandern. Dennoch, die Debatten um dieses Thema werden wahrscheinlich auch in Zukunft noch kontrovers weitergeführt werden. Um eine klare Antwort zu finden, braucht es deutlich mehr Zeit und ein weitere Studien. In der Zwischenzeit zählt aber vor allem eines: Deine eigene Forschung zu betreiben!
- Kowal MA, Hazekamp A, Colzato LS, van Steenbergen H, van der Wee NJ, Durieux J, Manai M, & Hommel B. (2015 Mar). Cannabis and creativity: highly potent cannabis impairs divergent thinking in regular cannabis users - https://www.ncbi.nlm.nih.gov
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