Der Scheiternde Krieg Gegen Drogen - Eine Zusammenfassung
Als er 1971 den "War on Drugs" auslöste, behauptete US-Präsident Richard Nixon, Drogenmissbrauch sei "Staatsfeind Nummer eins". Seitdem dauert dieser Krieg an und wird in vielerlei Hinsicht immer weniger wirksam. Wie kommt es, dass der Krieg gegen Drogen zu einer so vergeblichen Sache wurde? Und wie viel Schaden hat er auf der Welt angerichtet?
Um die Auswirkungen – und das Scheitern – des Krieges gegen die Drogen zu verstehen, ist es wichtig, zu verstehen, wie sich die Beziehungen zu psychotropen Substanzen in den USA gewandelt haben. Für diesen Zweck ist es hilfreich, die Geschichte in zwei sehr unterschiedliche Hälften einzuteilen: in die Zeit vor und die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg.
Viele der indigenen Stämme Amerikas pflegten heilige Beziehungen zu einheimischen Pflanzen, zu denen psychotrope Gewächse wie Cannabis, Peyote und Zauberpilze gehören. Diese Pflanzen spielten – und tun dies auch weiterhin – in spirituellen und sozialen Zeremonien ebenso wie im alltäglichen Leben eine zentrale Rolle.
Nach der Kolonialisierung und im Laufe des 19. Jahrhunderts herrschte eine liberale Haltung zu Drogen. Während Substanzen wie Opium für ihre entspannende Wirkung bekannt waren, wurde Heroin zur Behandlung von Atemproblemen eingesetzt, wohingegen Kokain ein natürlicher Bestandteil von Coca-Cola war und Morphium von Ärzten regelmäßig als Schmerzmittel verschrieben wurde.
VON DER BESTEUERUNG ZUM VERBOT
Die andere Hälfte der amerikanischen Beziehung zu Drogen hat weniger mit dem Ersten Weltkrieg selbst zu tun, sondern vielmehr mit den Auswirkungen der Abstinenzbewegung und der Prohibition.
Um die Wende des 20. Jahrhunderts begannen US-amerikanische Bundesstaaten, Steuern auf Drogen einzuführen oder sie auf den medizinischen Gebrauch einzuschränken. Obwohl das Smoking Opium Exclusion Act von 1909 das Rauchen von Opium verbot, war es für medizinische Zwecke weiterhin verfügbar.
1914 führte der Kongress das Harrison Act ein, um Produktion, Einfuhr und Verteilung von Kokain und Opiaten zu regulieren und zu besteuern. 1917 folgte schnell ein Alkoholverbot, als der Kongress das 18. Amendment und National Prohibition Act (auch als Volstead Act bekannt) verabschiedete.
MARIHUANA TAX ACT
Von 1917 bis 1933 wurde dieses Verbot strikt durchgesetzt und eine religiös bzw. moralisch motivierte Missachtung von Drogen setzte sich durch. Hinzu kam, dass viele der Soldaten, die aus dem Ersten Weltkrieg heimkehrten, wegen ihrer Verletzungen mit Morphium behandelt wurden, was zu einem dramatischen Anstieg der Drogenabhängigkeit führte.
Mit der Gründung des Bundesamtes für Betäubungsmittel im Jahr 1930 und dem Uniform State Narcotic Drugs Act wurden weitere Versuche zur Regulierung und Besteuerung des Missbrauchs von Betäubungsmitteln eingeleitet; angeblich, um zur Bekämpfung der Drogensucht beizutragen. Dies wurde durch das erste amerikanische Cannabisgesetz, das 1937 in Kraft trat, verstärkt. Das "Marihuana Tax Act" sah eine Steuer auf den Verkauf von Cannabis, Hanf und Marihuana vor, ohne Besitz oder Verwendung von Marihuana zu kriminalisieren.
Was ist nun dafür verantwortlich, dass die Vereinigten Staaten von relativ lockeren Drogengesetzen in die heutige Umgebung einer unterdrückenden und strafenden Drogengesetzgebung umschwenkten? Die Schuld daran kann man einem einzigen Mann zuschreiben: Präsident Richard Nixon.
DIE HÄSSLICHEN GRÜNDE HINTER DEM KRIEG GEGEN DROGEN
1969 vereidigt, übernahm Nixon die Präsidentschaft, als die USA sich mitten im andauernden Vietnamkrieg befanden. Das Land war noch erschüttert von der Ermordung von JFK im Jahr 1963 und seines Bruders Robert im Jahr 1968. Generell war es in den USA eine Zeit sozialer Unruhen.
Nixon hatte die Wahl mit einem besonders knappen Vorsprung gewonnen und kandidierte 1972 für eine Wiederwahl. 1971 hatte er das Problem der Drogenabhängigkeit als nationalen Notfall präsentiert. Indem er seinen Ansatz als "Krieg" gegen Drogen bezeichnete, konnte er 84 Millionen Dollar für "Sofortmaßnahmen" einfordern. Die Wahrheit ist jedoch, dass es bei diesem Krieg um mehr ging, als nur die Drogensucht zu bekämpfen.
Tatsächlich handelte es sich um ein nützliches politisches Instrument. Der Drogenkonsum zu Genusszwecken war bei zwei bestimmten Bevölkerungsgruppen besonders beliebt: den Linken, die sich gegen den Vietnamkrieg wandten, und den Schwarzen. Keine dieser sozialen Gruppen sprach sich für Nixon als Präsidenten aus und so erlaubte der Krieg gegen die Drogen dem Präsidenten, seine politischen Feinde zu bestrafen und sie gleichzeitig aktiv zu diskreditieren.
Wir haben es hier nicht mit einer Verschwörungstheorie zu tun. 1994 erklärte John Ehrlichman, der Verantwortliche für Nixons Innenpolitik, in einem Interview mit dem Journalisten Dan Baum, warum die Regierung die Berichterstattung über den Krieg gegen die Drogen benötigte.
"Wir wussten, dass wir es nicht für illegal erklären konnten, entweder gegen den Krieg oder schwarz zu sein, aber indem wir die Öffentlichkeit dazu brachten, die Hippies mit Marihuana und die Schwarzen mit Heroin zu identifizieren und dann beide Gruppen stark kriminalisierten, konnten wir diese Gemeinschaften behindern. Wir konnten ihre Führer verhaften, ihre Häuser durchsuchen, ihre Versammlungen auflösen und sie Nacht für Nacht in den Nachrichten verunglimpfen. Haben wir gewusst, dass wir über die Drogen lügen? Natürlich wussten wir das."
Haben wir gewusst, dass wir über die Drogen lügen? Natürlich wussten wir das."
Das Ergebnis? Nixon gewann die Wahl 1972 mit einem Erdrutschsieg.
MASSNAHMEN ZUR KONTROLLE DES DROGENKONSUMS UND -HANDELS
Nixons Drogenpolitik hatte strenge Gesetze, harte Bestrafungen für den Konsum zu Genusszwecken und die Einrichtung spezialisierter Strafverfolgungsbehörden zur Folge. Dies gab nicht nur den Ton für die amerikanische Drogenpolitik vor, sondern repräsentierte auch die Art und Weise, wie die USA das Ausland beeinflussten.
DIE ANTI-DROGEN-POLITIK IN DEN USA
Das Betäubungsmittelgesetz (Controlled Substances Act; CSA) wurde 1970 unterzeichnet und diente zur Klassifizierung von Drogen in fünf verschiedenen Ränge oder Anhänge. In diesen Anhängen wurden Drogen auf der Basis ihrer medizinischen Anwendbarkeit und ihres Missbrauchspotenzials eingestuft.
Der höchste Rang oder Anhang I ist für jene Drogen, von denen angenommen wird, dass sie das stärkste Suchtpotenzial und den geringsten medizinischen Nutzen haben. Zu den Substanzen aus Anhang I gehören Heroin, LSD, MDMA und Cannabis. Der unterste Rang (Anhang V) umfasst Substanzen wie Hustensaft, der Codein enthält.
Im Juni 1971 hatte Nixon die Bundesmittel für Drogenkontrollbehörden drastisch erhöht. Es traten strengere Strafen in Kraft, wie zum Beispiel obligatorische Haftstrafen für Drogenkriminalität sowie die Einrichtung des Sonderamtes für die Prävention des Drogenmissbrauchs. 1973 hatte Nixon dann auch die Drug Enforcement Administration (DEA), die amerikanische Drogenbehörde, ins Leben gerufen.
Unter den Präsidenten Ronald Reagan und George H. W. Bush setzte sich in den 80er Jahren die Haltung fort, den Drogenkonsum zu verurteilen und Straftäter schwer zu bestrafen. Reagans umfassendes Verbrechensbekämpfungsgesetz (Comprehensive Crime Control Act) von 1984 beendete faktisch den weit verbreiteten Freizeitkonsum von Cannabis und leitete die obligatorische Verurteilung zu Mindeststrafen und die staatliche Beschlagnahme des Privatvermögens ein. Von 1980 bis 1984 stieg der Verwaltungshaushalt der Drogenbehörde des FBI von 8 auf 95 Millionen US-Dollar.
1988 wurde das ONDCP (Office of National Drug Control Policy) eingerichtet und führte 1989 die an die Jugend gerichtete Nationale Medienkampagne gegen Drogen durch. Unterstützt von den Präsidenten Bush und Clinton, wurde die Direktion der ONDCP installiert und dann in den Status eines Kabinettsmitgliedes befördert. Die Finanzierung der Behörde erfolgte durch das Treasury and General Government Appropriations Act von 1998.
OPERATIONEN IM AUSLAND
Obwohl Nixon vorgab, die Beteiligung der USA an ausländischen Konflikten zu begrenzen, bot der Gedanke des "Kriegs gegen Drogen" eine nützliche Nebelkerze für US-amerikanische Operationen militärischer- und paramilitärische Natur. Die Verstrickung der USA im Ausland unter dem Deckmantel eines Drogenkrieges führte dazu, dass enorme Beträge an Hilfsgeldern für Ausrüstung, Ausbildung und Truppen die Außenpolitik beeinflussten und gleichzeitig linke Staatsstreiche verhinderten.
Auch die CIA ist wegen angeblicher Beteiligung am Drogenhandel unter Beschuss geraten. So vermutet man, dass die Behörde von den frühen 60er Jahren bis ins 21. Jahrhundert hinein für den Drogenhandel verantwortlich war. Dies umfasst unter anderem Vorwürfe, im Goldenen Dreieck Heroin gehandelt zu haben und auch in Mexiko, Honduras, Nicaragua, Panama und Venezuela Drogengeschäfte zu betreiben.
DIE AUSWIRKUNGEN DES KRIEGES GEGEN DROGEN
Der Krieg gegen die Drogen hat in den USA sowohl innenpolitisch als auch im Hinblick auf den wissenschaftlichen Fortschritt zu irreparablen Schäden geführt.
SOZIOÖKONOMISCHE AUSWIRKUNGEN
Nixons Versuch auf bestimmte Bevölkerungsgruppen abzuzielen, hat zu einem enormen sozioökonomischen Ungleichgewicht geführt. Dies hielt durch die 90er Jahre an, wobei die Strafverfolgung überproportional die schwarze Bevölkerung und andere einkommensschwache soziale Gruppen traf.
Der Dominoeffekt, der aus den obligatorischen Haftstrafen resultierte, hat dazu geführt, dass immer mehr junge nicht-weiße Amerikaner inhaftiert und entrechtet wurden. Dies konnte je nach Bundesstaat zur Folge haben, dass eh schon unterrepräsentierten Gruppen nicht nur Stimmrecht und Bildungschancen entzogen wurden, sondern auch die Möglichkeit, zu arbeiten und sich Wohnungen leisten zu können.
AUSWIRKUNGEN AUF STEUERZAHLER
Eine Studie des Harvard-Ökonomen Jeffrey A. Miron aus dem Jahr 2008 behauptet, dass die USA insgesamt rund 41,3 Milliarden US-Dollar einsparen könnten, wenn der Krieg gegen die Drogen eingestellt würde. Beim Vergleich der Vollstreckungs- und Gefängniskosten sowie der Nutzen, die aus einer Besteuerung legaler Drogen erwachsen würden, gelangte Miron zu dem Schluss, dass das Steueraufkommen um 46,7 Milliarden US-Dollar steigen könnte.
AUSWIRKUNGEN AUF ERZEUGER
International haben die Versuche der USA, den Import oder Konsum von Drogen zu verhindern, die Existenzgrundlage vieler Landwirte massiv beeinträchtigt. In Südamerika beispielsweise wurde das Kokablatt traditionell für spirituelle und medizinische Zwecke sowie zur Ernährung genutzt. Dennoch setzte das US-Militär die Koka-Ausrottungspolitik durch, ohne dass man den Bauern alternative Feldfrüchte anbot. Dies entzog den Landwirten Nahrung, Einkommen und Gelegenheiten.
DER KRIEG GEGEN DROGEN: EIN VÖLLIGER MISSERFOLG?
Man kann die Ineffizienz des Drogenverbots gar nicht hoch genug veranschlagen und seine Auswirkungen auf viele verschiedene Gesellschaften sind tiefgreifend. Tatsächlich hat der unzulässige Ansatz die weltweite Versorgung mit Drogen kaum beeinträchtigt, während er sich negativ auf Menschenrechte, internationale Sicherheit, nationale Entwicklung und menschliche Gesundheit auswirkt.
Einfach ausgedrückt: Der Krieg gegen Drogen ist ein völliger Misserfolg. Er bietet keinerlei Nutzen für die Gesundheit und Sicherheit der Gesellschaft; wenn überhaupt, macht es er alles noch schlimmer.
Grundsätzlich ist dieses Scheitern das Ergebnis von unzureichender Unterstreichung der Suchtbehandlung und Rassismus. Da die US-Bundesregierung den größten Teil der Mittel für Strafverfolgung und Bestrafung ausgab, scheiterte sie darin, durch Einrichtungen zur medikamentösen Therapie oder echte Anstrengungen zur Eindämmung des Drogenkonsums positive Effekte zu erzielen.
In Europa zeichnet sich allerdings der Beginn einer stärkeren Rückkehr zum gesunden Menschenverstand ab. Durch die Fokussierung auf verantwortungsvollen Drogenkonsum und die Hervorhebung von Methoden der Schadensminderung können die negativen Auswirkungen des Drogenkonsums drastisch verringert werden.
In den Niederlanden wird der Drogenkonsum nicht als rechtliches Problem angesehen. Anstatt der Bestrafung Vorrang einzuräumen, hat die niederländische Regierung Zentren eröffnet, in denen Drogenkonsumenten von einer sauberen und sicheren Umgebung profitieren. Als Nettoergebnis ist eine Senkung der Sterblichkeitsrate und eine Verringerung der Ausbreitung von Viren wie HIV und Hepatitis C zu verzeichnen. Auch Länder wie Deutschland, Spanien, Kanada und Norwegen haben ähnliche Projekte gestartet, was eine Änderung unserer Sicht auf Drogen signalisiert.
Anstatt Milliarden von Dollar für sinnlose, rein strafende Maßnahmen auszugeben, ist es zweifellos an der Zeit, das Ende des War on Drugs zu fordern und sich stattdessen auf eine Zukunft des verantwortungsvollen, achtsamen und friedlichen Drogenkonsums zu konzentrieren.
- (n.d.). - https://cdn.penalreform.org
- (n.d.). Four Decades and Counting: The Continued Failure of the War on Drugs | Cato Institute - https://www.cato.org